Deutschland und Preußen.
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der Staat in hervorragender Weise. Die allgemeine Schulpflicht blieb auch ferner eine der Grundlagen des preuischen Staatswesens. Das Volks-schulwesen, dessen Pflege den Gemeinden berlassen blieb, nahm einen hohen Aufschwung; viele Gymnasien entstanden; fr die Rheinlande wurde in Bonn eine neue Universitt gegrndet.
So vereinigte Preußen die Pflege der Waffen mit der Pflege der allgemeinen Bildung. Gleichzeitig nahm sich die Regierung der Volks-Wirtschaft an. Der Verkehr wurde dadurch gefrdert, da zahlreiche Chausseen gebaut und ein umfassendes Straennetz geschaffen wurde. Besonders bedeutungsvoll aber war es, da die preuische Regierung Schritte tat, um der in Deutschland herrschenden wirtschaftlichen Zer-splitterung ein Ende zu machen. Jeder deutsche Staat nmlich, mochte er noch so klein sein, lie an seinen Grenzen Zlle erheben; dadurch wurde der Handelsverkehr erschwert, die Waren verteuert, der Schmuggel gro-gezogen. Jetzt bot die preuische Regierung den brigen deutschen Re-V gierungen an, sich mit ihr der die Grndung eines Zollvereins zu Zollverein, einigen, innerhalb dessen alle Zollschranken fallen und ein einheitliches Wirtschaftsgebiet geschaffen werden sollte. Lange zgerten diese aus Besorgnis,
Preußen wolle die Zolleinigung benutzen, um seine politische Macht zu vergrern; ja manche Staaten schlssen sich im Gegensatz zu Preußen zu besonderen wirtschaftlichen Verbindungen zusammen, so Bayern und Wrttemberg. Da trat im Jahre 1828 zuerst Hessen-Darm-stadt mit Preußen in einen Zollbund; andere Staaten, vor allen der bayrisch-wrttembergische Zollverein und Sachsen, folgten einige Jahre spter, und so wurde ein groer Teil Deutschlands Wirtschaft-lich geeinigt. In der Neujahrsnacht 1833/34 hoben sich zwischen den meisten deutschen Lndern die Schlagbume, um die laugen Reihen der wartenden Frachtwagen zum ersten Male ohne Zoll hindurchzulassen; sie senkten sich nicht wieder, und der Handel hatte freie Bahn. Die segensreichen Folgen des Zollvereins machten sich bald geltend. Seitdem Mverews zwischen den einzelnen Staaten die Zollschranken gefallen waren, ffnete ^ sich dem Gewerbe ein einheitliches Absatzgebiet, das vom Bodensee bis zur Memel reichte. Nach auen traten die Zollvereins-staaten gemeinsam auf und konnten die heimische Industrie durch gemein-same Maregeln schtzen und frdern. Zugleich aber hatte der Abschlu des Zollvereins eine politische Bedeutung. Der regere Verkehr brachte Sd- und Norddeutsche nher zusammen; zum ersten Male war ein groer Teil Deutschlands unter Preuens Fhrung geeinigt; so war der Zollverein der Vorlufer der nationalen Einigung Deutschlands.
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Der Befreiungskrieg im Jahre 1813.
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Sachsen, dessen König Mitglied des Rheinbundes war. Die Russen wurden von W i t t g e n st e i n, die Preußen von Blcher befehligt,
dem als Generalquartiermeister (Generalstabschef) Scharnhorst zur Seite stand. Gebhard Leberecht von Blcher war 1742 in Rostockbmcher. geboren; dort steht heute sein Denkmal mit der von Goethe verfaten In-fchrift: In Harren und Krieg, in Sturz und Sieg bewut und groß!
So ri er uns von, Feinden los." Er war zuerst in ein schwedisches Husaren-regiment getreten, geriet aber im Siebenjhrigen Kriege in preuische Gefangenschaft und nahm nunmehr bei den preuischen Husaren Dienste.
Spter fiel er bei Friedrich dem Groen in Ungnade und erhielt den Abschied; erst unter Friedrich Wilhelm Il trat er wieder als Major in sein altes Regiment ein. 1806 war er einer der wenigen, welche die Ehre der Armee retteten. Sie sind unser Anfhrer und Held", hat ihm Scharnhorst zugerufen, und mten Sie uns in der Snfte vor- und nachgetragen werden." Jetzt wurde der Marschall Vorwrts", der jugend-frische Greis, der Fhrer im Befreiungskriege.
Trotz aller Rstungen der Verbndeten war ihr Heer den gewaltigen Truppenmassen nicht gewachsen, die Napoleon durch eine neue Aushebung aufgebracht hatte und jetzt gegen sie heranfhrte. Dennoch griffen sie ihn am 2. Mai 1813., während er der die Ebene von Ltzen nach Leipzig marschierte, 70 000 Mann stark, von Sdosten her an. Mit strmischem Heldenmut eroberten sie Grogrschen und andere Drfer; erst als Grogrschen Napoleon gewaltige Artilleriemassen und zugleich immer neue Bataillone gegen sie aufbot, so da ihnen schlielich der 120 000 Mann gegenberstanden, rumten sie die Drfer wieder. Am Tage darauf traten sie den Rckzug an. Das linke Elbufer muten sie aufgeben. Bei Grogrschen war auch Scharnhorst verwundet worden. Trotzdem entschlo er sich zu einer Reise nach sterreich; er wollte das Seine tun, um diesen Staat zur Teilnahme am Kampfe zu vermgen, mit Blut um sterreich werben"; da verschlimmerte sich die Wunde, und in Prag starb der Schpfer des neuen preuischen Heeres, ohne seine Siege erleben zu drfen. An seine Stelle trat als Generalquartiermeister Gneisenau.
Inzwischen waren die Verbndeten bei Bautzen am rechten Spree- Bautzen ufer dem Feind zum zweiten Male entgegengetreten. Wieder siegte Napo- 2'/21'mi' leon, doch erst nach schwerem Kampfe und unter groen Verlusten; die Verbndeten brachen die Schlacht ab und zogen sich zurck, ohne ein Geschtz hohe russische Offiziere dem Kaiser Alexander, sein Heer nach Polen zurck-oder Gefangene einzuben. Die Lage war trotzdem fr sie bedenklich.
Schon besetzten die feindlichen Truppen einen Teil Schlesiens; schon rieten
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Extrahierte Personennamen: Gebhard_Leberecht_von_Blcher Goethe Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm_Il Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleon Gneisenau Alexander Alexander
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltkrieg
Inhalt: Zeit: 1914-1918
— 34 —
kühnen Flieger schreckt er. His einer von ihnen, Maximmelmann bei Überwindung des 18. Gegners abgestürzt mar, zeigte das seine aus ihren heldensohn stolze Mutter an mit den Worten: „mir legen Keine äußeie Trauer an und bitten, von Betleibsbezeuguncien abzusehen." 3
2. Luftschiffe über England. Zum besonderen Schrecken sind die Luftschiffe den Engländern geworden. Unangreifbar waren sie vordem auf ihrer Insel gewesen. Nun sind sie keine Nacht sicher, daß nicht plötzlich hoch über ihren Häuptern ein i-uftgeschwader gewaltige Bomben auf Docks, Werften, Magazine, Brücken und Bahnhöfe fallen läßt. Entschieden wird so freilich der Krieg nickt. Hb er England spürt ihn nun am eignen Leibe. ,Htein Haus ist meine Burg," heißt ein englisches Sprichwort. Der Frevler am Frieden der Xüelt ist in dieser seiner eignen Burg nicht mehr sicher.
Der greise Graf Zeppelin hat das alles zum guten Teil noch erleben dürfen; er starb am 8. März 1917 in Berlin.
10. Das deutsche Friedensangebot.
1. Das Angebot. Die ömonatige Sommeschlacht war füi Deutschland siegreich beendet; die deutschen Heere standen unerschüttert in Frankreich. 3m Osten waren alle Angriffe der Russen zusammengebrochen. Rumänien war zum größten Teil in unserer Hand, das rumänische Heer jämmerlich zerschlagen. Da, am 12. Dezember 1916, verkündete der deutsche Reichskanzler im Reichstage der staunenden Idelt: Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und dietürkei schlügen ihren Gegnern vor, in Friedens-Verhandlungen einzutreten und dem Kampfe ein Ende zu machen, wenn trotz dieses im Bewußtsein ihrer Stärke gemachten Rnerbietens der Kamps fortdauern solle, so lehnten die vier verbündeten Mächte feierlich jede Verantwortung dafür vor der Menschheit und der Geschichte ab.
2. Die Ablehnung. Das Angebot wurde abgelehnt unter Wiederholung der Lüge, daß Deutschland und (Österreich-Ungarn den Krieg gewollt, den Frieden gebrochen hätten. Und in einer Rote an den amerikanischen Präsidenten gaben die Feinde als i h r Kriegsziel an: Räumung der besetzten Gebiete in Frankreich, Rußland und Rumänien; Wiederherstellung von Belgien, Serbien
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Wirren im Morgenland. Die Juli-Revolution. Iii 445i. 75
sehen. Mehemed Ali rumte die eroberten Provinzen, wurde aber erb-licher Khedive (Vizeknig) des Paschaliks gypten.
6. Dieser Mierfolg ihrer Orientpolitik versetzte die Franzosen in hef-tige Erregung: ihr Minister Thiers machte groe Rstungen und befestigte Paris: ein Krieg gegen Deutschland sollte die Unzufriedenheit ablenken. Immer lauter erscholl der Ruf nach der natrlichen Grenze" Frankreichs, dem Rhein. Da schumte auch in Deutschland das vaterlndische Emp- 1840 finden mchtig auf. Nikolaus Beckers Rheinlied:
,Gie sollen ihn nicht haben,
den freien deutschen Rhein"
wurde in ganz Deutschland gesungen, und dem Herzen des Prinzen von Preußen entrang sich die Antwort:
Sie haben ihn da oben,
den freien deutschen Rhein I
Darum soll stets erhoben
das Schwert der Deutschen sein! . . ."
Damals beschlo der Bundestag die Schaffung zweier neuer Bundes-festungen, Rastatt und Ulm.
5. Die Juli-Revolution 1830.
1. Napoleons I. Kriegsruhm und Weltmacht schmeichelte seinem Volk; es nahm dafr die Beschrnkung seiner kaum gewonnenen Freiheit, die Reaktion, ruhig hin. Um so empfindlicher war es gegen die Bourbonen,
zumal gegen Ludwigs Xviii. Bruder Karlx. Er leitete zwar die Er-oberung Algeriens ein, bejfctx Korsaren den Handel auf dem Mittelmeer strten und bis in die Nordsee kreuzten. Aber er lie sich zugleich angelegen sein, den alten Absolutismus mit der Herrschaft der Geistlichkeit und des Adels wieder aufzurichten (Mademoiselle de la Seigliere!), und die Kammer untersttzte diese reaktionren" Bestrebungen: auf die Entfaltung der Trikolore, der Fahne der Revolution, legte ein Gesetz die Strafe der Ver-bannung auf eine de Insel (Deportation).
Als der König durch fnf Ordonnanzen, die er am Sonntag den 25. Juli 1830 in St. Cloud unterzeichnete, die Prefreiheit aufhob und das Wahlrecht antastete, brach in Paris ein heftiger Sturm los. Die Zeitungen schrten die Leidenschaften: auf dem Stadthause wehte die Trikolore. Das Volk sperrte die Straen durch aufgeschichtete Wagen, Schrnke, Tische, Fsser (Barrikaden); nach blutigen Kmpfen muten die Truppen die Stadt rumen. Karl wollte die Ordonnanzen zurck-nehmen; aber nun hie es: Zu spt."
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Extrahierte Ortsnamen: Morgenland Paris Deutschland Frankreichs Rhein Deutschland Rhein" Deutschland Rhein Rastatt Ulm Algeriens Nordsee Paris
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gezeigt, datz man mit diesem Gerät recht gut und schnell arbeiten kann. Der dänische Xammerherr Zehested ließ nämlich im Garten seines Gutes ein Blockhaus ausführen und bei dem Bau nur Ztein-geräte verwenden. 3n 10 Stunden konnte man mit derselben Kxt 26 Sichten mittlerer Dicke fällen, der Rste berauben und zum Bau-
Fig. 40.
Sägen, Messer, Bohrer, Pfeilspitzen, Pfeilschneiden und ein runder Schaber mit stielartig ein Fortsatz, alles aus Feuerstein.
platze schleppen. 3n 81 Tagen war das Haus fertig. Idenn die Hjt längere Zeit gebraucht war, nutzte sie nachgeschärft werden. Das geschah durch erneutes Behauen und Zuschleifen der Schneide. Ruf diese Weise wurden die Beile immer kleiner, je länger sie imgebrauche waren.
3n Norddeutschland findet man auch Itteitzel aus Feuerstein. Diele derselben sind sogar hohl geschliffen und waren sicherlich vortreffliche Geräte zum Glätten des Holzes (Fig. 43).
Schmantes, Deutschlands Urgeschichte. 4
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Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
121
Mauer aus festgefügten Quadersteinen überragten weitschauende Türme.
Der steile, enge Burgpfad ließ sich durch eiserne Querstangen völlig sperren. Die Brücke über den Burggraben konnte von innen emporgezogen werden. Doppelte Fallgatter wehrten selbst dem den Eingang, der bis zum Thore vorgedrungen war. — Zur Berennung der ^ng. Festungen dienten die mannigfaltigsten Maschinen. Große Schleudern warfen Steinblöcke, Balken, Feuerbrände. Sturmwidder zertrümmerten das Mauerwerk. Hohe Türme rückten auf Rollen heran. Ihnen entstiegen gerüstete Männer, welche über eine auf die Mauer geworfene Brücke drangen, während die im obersten Turmgeschosse ausgestellten Schützen die Feinde beunruhigten. Zugleich erklomm das übrige Heervolk die Sturmleitern. Der Bau der mannigfachen Werkzeuge erforderte kenntnisreiche Meister, welche auch die Belagerung zu leiten hatten. — Vor dem Heere versahen Späher den Sicherheit- s^tegr; dienst und kundschafteten die Bewegungen der Feinde aus. Wacht- b,enft-Posten sicherten die Ruhe der lagernden Scharen. — Im Kriege fanden Flußschiffe mehrfach Verwendung. Besonders die mächtigen Rhein-städte unterhielten gegen das Ende des Zeitraumes Flotten kampfgerüsteter Fahrzeuge." Eine eigentliche Seemacht stand indes den deutschen Königen nicht zu Gebote. Erst die Hohenstaufen verfügten seil Erwerbung des normannischen Staates über eine Flotte, die neben Streitschiffen auch geräumige Transportfahrzeuge besaß. (E. Blume.)
Die Rechtspflege folgte den Wegen, die Karl d. Gr. gewiesen hatte; es entstanden jedoch Verschiedenheiten unter den Ständen, die eine Vermehrung und Teilung der Gerichte zur Folge hatte. Das oberste Gericht war das Hofgericht. Der König selbst oder sein Stellvertreter, der Pfalzgraf, war Vorsitzer desselben, Schöffen oder Beisitzer waren Fürsten, Freie und Dienstmannen. Sie fanden das Urteil und luden besonders Fürsten vor ihren Stuhl. Da indes das Hofgericht das höchste Gericht war, so konnte jedermann im Volke dasselbe in Anspruch nehmen, wenn er glaubte, daß die untern Gerichte ihm unrecht gethan hatten. Auch der deutsche König selbst konnte beim Pfalzgrafen bei Rhein verklagt werden. Unter dem Hofgerichte standen die Landgerichte. Vorsitzer derselben waren die Grafen, die Schöffen mußten freie Männer fein, die mindestens drei Hufen als Eigentum befaßen. Dies Gericht durfte nur derjenige halten, dem der König selber die Gerichtsgewalt, den Königsbann, verliehen hatte (Herzöge, Pfalzgrafen, Landgrafen, Grafen, gewisse
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Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
41
die Erhebung der Anklagen oder ,Rügen' sowie auch die Vollstreckung der gefällten Urteile sicherten. Ein Netz spannte sich über das ganze Reich, dessen Maschen so leicht kein Bösewicht entging. Der Schrecken, den die heilige Feme verbreitete, war so groß, daß man nicht wagte, nach den geheim gehaltenen Verhandlungen zu forschen, und daß das mutigste Herz erbebte, wenn in der Stille der Nacht die drei Schläge, mit denen der Fronbote die Anheftung des Ladebriefes verkündete, schauerlich durch die Hallen des Hauses tönten. Mächtige Reichsfürsten erschienen auf das Gebot des Femgerichtes, dessen Geheimnisse nicht einmal dem Priester im Beichtstühle verkündet werden durften, und drei Freigrafen sind es gewesen, die Kaiser Friedrich Iii., seinen Kanzler und sein Kammergericht zweimal vor ihren Stuhl gefordert haben, damit der Kaiser ,daselbst seinen Leib und die höchste Ehre verantworte bei Strafe, für einen ungehorsamen Kaiser gehalten zu werden'.
Als die große Macht der Femgerichte diese zum Mißbrauch derselben verleitete, und die inzwischen selbständig gewordenen Landesherren für eine kräftige Handhabe des gemeinen Rechts sorgten, ward die Thätigkeit der Freigrafen mehr und mehr beschränkt. Schon irrt sechzehnten Jahrhundert sind sie nur noch in Westfalen wirksam, werden auch dort bald den Landesgerichten untergeordnet und mit der Erledigung von Polizeifällen beschäftigt. So haben sie bis in unser Jahrhundert hinein fortbestanden. Im Jahre 1811 fielen sie der französischen Gesetzgebung zum Opfer. Der letzte Freigraf starb 1835 in Wörl." (Nach verschiedenen Verfassern.)
Die Femgerichte hatten ein wenig rühmliches Ende gefunden, aberlandes-auch die Quelle ihrer Macht, der Kaiser, sah die Stützen seines Regimentes mehr und mehr den Zusammenhang mit dem Oberhaupte des Reiches lockern. Wie der Mangrovebaum in der heißen Zone aus seinen knotigen Ästen zahlreiche Luftwurzeln entsendet, die in den Boden herabsteigen und sich dort zu selbständigen Pflanzen entwickeln, so hatte auch das Kaisertum viele Beamte, Grafen und Herren, ins Reich gesandt, welche an allen Orten desselben den kaiserlichen Willen zur Geltung bringen sollten. Sehr bald wurzelten diese Sendlinge im Boden fest und begründeten eine selbständige Herrschaft, die nur noch lose mit dem alten Stamm zusammenhing und in verhängnisvollen Augenblicken oft ihres Ursprungs sich nicht erinnern mochte. Die „goldene Bulle" hatte das Werk der Ablösung der Glieder vom Stamme nahezu vollendet, als fast „souveräne" Herrscher saßen die Fürsten in ihren Landen;
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich
- 207 -
gebracht, welche berichten, sie htten tags zuvor eine Versammlung gehabt, bei welcher der König sich selbst nicht htte sehen lassen, sondern seine Karosse wurde verschlossen gefhrt und von einer Abteilung Reiter begleitet. Heute abend aber kommt vom Feinde ein Trompeter, saget ausdrcklich, der König sei tot, habe zwei Schsse empfangen, einen in den Arm, den anderen in die linke Seite, und sei in den Armen des Herzogs Franz Albrecht von Sachsen verschieden. Und hat der Herzog von Friedland mit dieser Zeitung den Generalquartiermeister an Ihre kais. Maj. abgefertigt. Was weiter verlaufen wird, will ich Ew. Maj. in Unter-tnigkeit berichten; bitte aber ganz untertnig, Ew. Majestt wollen es mir verzeihen, da ich so spt geschrieben; denn ich viel lieber spter die wahre Be-schaffenheit als vor der Zeit eine fliegende Mre Ew. Maj. vorbringen will.
Und verbleibe hiermit
Ew. Maj. untertnigster, gehorsamster Diener Matthias Gras von Gallas.
126.
Eine schwedische Stimme zu Wallensteins Fall.
Quelle: C. Ph. Chemnitz^), Kniglichen Schwedischen in Teutschland gefhrten Krieges 2. Teil. Stockholm 1653. S. 330331.
Also mute der in der ganzen Christenheit so gewaltig beschreibe"2) Herzog von Friedland mit einem liederlichen, unlblichen und schndlichen Ende, wie ein Rebell und an seiner Herrschaft treuloser, meineidiger Verrter sein Leben be-schlieen, welchen, je hher das Glck der alle von seinem Stande zu unseren Zeiten erhoben, je schwerer und hrter ist der Fall gewesen, wodurch es ihn ur-pltzlich hinwiederum zu Boden gestrzt hat. Seinem Herrn, dem Rmischen Kaiser, hat er sich jederzeit getreu erwiesen und denselben immerfort je grer und grer zu machen sich mit uerstem Fleie bemhet. Daher wir nicht ohne Ursache zweifeln: Ob er von Anfang der vorhabenden Traktaten es mit der Konspiration wider den Kaiser in rechtem Ernst gemeinet? . . . Oder ob nicht der ganze Handel von ihm dazu angesehen gewesen, die Evangelischen zu be-trgen, Trennungen unter ihnen anzurichten und also bei gegebener Gelegenheit denselben Abbruch zu tun? Worber er, weil der Scherz zu grob geworden und er gar zu extravagante, wunderbarliche Manieren in seinen Reden und Aktionen gebraucht, beim Kaiser in Verdacht geraten, welcher von seinen Mignnern und Widersachern dergestalt fomentieret3) worden und zugenommen, da er endlich die Plne, so er anfangs wider die Evangelischen listiglich und betrglicher Weise zum Schein gefhrt, hierdurch gleichsam gentigt und gezwungen, in Ernst, wie-wohl gar zu spt, hat ergreifen mssen. Dem sei nun, wie ihm wolle, so hat der Ausgang erwiesen, da der Herr Reichskanzlers von ihm und seinem Beginnen recht geurteilt: Es wrde ihm unmglich fallen, solch Vorhaben ins Werk zu setzen, und htte er mehr auf sich genommen, als er wrde prstieren knnen. Denn als seine letzte Intention und sein Abfall sich recht entdeckte, haben die
J) der Chemnitz siehe Nr. 124. Anmerkung.
*) berhmte.
S) vergrert.
4) Oxenstierna.
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Extrahierte Personennamen: Franz_Albrecht_von_Sachsen Franz Albrecht Matthias_Gras_von_Gallas Ernst Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Friedland Teutschland Stockholm Friedland Chemnitz Oxenstierna
201
Tilsit, den 3. Januar 1813.
Ew. kniglichen Majestt Monarchie, obgleich beengter als im Jahre 1805, ist es jetzt vorbehalten, der Erlser und Beschtzer Ihres und aller deutschen Völker zu werden. Es liegt klar am Tage, da die Hand der Vorsehung das groe Werk leitet. Jetzt oder nie ist der Moment, Freiheit, Unabhngig-feit und Gre wiederzuerlangen. In dem Ausspruche Ew. Majestt liegt das Schicksal der Welt. Der Furchtsame will ein Beispiel, und sterreich wird dem Wege folgen, den Ew. Majestt bahnen. Ew. Majestt kennen mich als einen ruhigen, kalten, sich in die Politik nicht einmischenden Mann. So lange alles im gewhnlichen Gange ging, mute jeder treue Diener den Zeitumstnden folgen. Das war seine Pflicht. Die Zeitumstnde aber haben ein ganz anderes Verhltnis herbeigefhrt, und es ist ebenfalls Pflicht, diese nie wieder zurckkehrenden Verhltnisse zu benutzen. Ich spreche hier die Sprache eines alten, treuen Dieners, und diese Sprache ist die fast allgemeine der Nation. Der Aus-spruch Ew. Majestt wird alles neu beleben und begeistern, wir werden uns wie alte, echte Preußen schlagen, und der Thron Ew. Majestt wird fr die Zukunft felsenfest und unerschttert dastehen.
Ich erwarte nun sehnsuchtsvoll den Ausspruch Ew. Majestt, ob ich gegen den wirklichen Feind vorrcke, oder ob die politischen Verhltnisse erheischen, da Ew. Majestt mich verurteilen. Beides werde ich mit treuer Hingebung erwarten, und ich schwre Ew. kniglichen Majestt, da ich auf dem Sandhaufen ebenso ruhig wie auf dem Schlachtfelde, auf dem ich grau geworden bin, die Kugel erwarten werde. Ich bitte daher Ew. Majestt um die Gnade, bei dem Urteil, das gefllt werden mu, auf meine Person keine Rcksicht nehmen zu lassen. Auf welche Art ich sterbe, ich sterbe immer als Majestt
alleruutertnigster und getreuster Untertan t Yorck.
112.
Stimmung in Preußen nach dem Untergnge der Grande Armee.
18121813.
Quelle: Ed. Schller: Jugenderinnerungen. Leipzig 18761).
Weihnachten kam heran. Ich erhielt die Erlaubnis, meinen Vater zu besuchen. Bei den damals so schlechten Posten reiste ich in einer kalten Dezembernacht auf offenem Wagen nach Liegnitz und von dort zwar in einem bedeckten, doch nicht minder unbequemen Fuhrwerke bis Neustdtel. Ich ahnte nicht, da ich es einst sein sollte, der diesen menschenmrderischen Fuhrwerken mit das Todesurteil sprechen sollte.
Ehe ich im Vaterhause einkehrte, mu ich der groen politischen Bewegungen gedenken, die sich um diese Zeit zu entwickeln begannen. Den ganzen Sommer der hatte in dem fernen Rußland der Krieg getobt. Bei uns war eine schein-bare Ruhe eingetreten, besonders in dem Teile Schlesiens, in dem ich wohnte, und der von Durchmrschen der franzsischen Truppen nicht berhrt wurde. Aber schon kamen im Sptherbst bedeutsame Nachrichten vom Kriegsschauplatze. Bis dahin hatte man auch diesmal an den Sieg Napoleons geglaubt. Es konnte ja
*) Der 1869 verstorbene Oberpostrat Schller war in seiner Jugend Verwalter auf einem herrschaftlichen Gute zu Ols in Schlesien. Im Frhjahr 1813 wurde er freiwilliger Jger.
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2. Quelle: Vertrauliche uerungen Bismarcks in der Budgetkommission.
Ende September 1862.
Fundort: Ludwig Hahn, Fürst Bismarck. Bd. 1. S. 66 und 67.
Wir haben zu heies Blut; wir haben die Vorliebe, eine zu groe Rstung fr unseren schmalen Leib zu tragen; nur sollten wir sie auch ntzen. Nicht auf Preuens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine Macht. Bayern, Wrttemberg und Baden mgen den Liberalismus indulgieren; darum wird ihnen doch keiner Preuens Rolle anweisen. Preußen mu seine Krast zusammen-halten, auf den gnstigen Augenblick, der schon einigemal verpat ist. Preuens
Igrenzen sind zu einem gesunden Staatskrper nicht gnstig. Nicht durch Reden und Majorittsbeschlsse werden die groen Fragen der Zeit entschieden das ist der Fehler von 1848 und 1849 gewesen sondern durch Eisen und Blut.
30.
Der Verfassungsstreit in Preußen.
18621866.
1. Quelle: Bismarck ct. a. O. Bd. 1. S. 283286.
In den ersten Tagen des Oktobers (1862) fuhr ich dem Könige, der sich zum 30. September, dem Geburtstage seiner Gemahlin, nach Baden-Baden begeben hatte, bis Jterbog! entgegen und erwartete ihn in dem noch unfertigen, von Reisenden dritter Klasse und Handwerkern gefllten Bahnhofe, im Dunkeln auf einer umgestrzten Schiebkarre sitzend. Meine Absicht, indem ich die Gelegenheit zu einer Unterredung suchte, war, Se. Majestt der eine Aufsehen erregende uerung zu beruhigen, welche ich am 30. September in der Budgetkommission getan hatte, und die zwar nicht stenographiert, aber in den Zeitungen ziemlich getreu wiedergegeben war.
. . . Preußen knne das war der Sinn meiner Rede , wie schon ein Blick auf die Karte zeige, mit seinem schmalen, langgestreckten Leibe die Rstung, deren Deutschland zu seiner Sicherheit bedrfe, allein nicht lnger tragen; diese msse sich auf die Deutschen gleichmig verteilen. Dem Ziele wrden wir nicht durch Reden, Vereine und Majorittsbeschlsse nher kommen, sondern es werde ein ernster Kamps nicht zu vermeiden sein, ein Kampf, der nur durch Eisen und Blut erledigt werden knne.....1).
Roon, der zugegen war, sprach beim Nachhausegehen seine Unzufriedenheit mit meinen uerungen aus, sagte unter andern, er hielte dergleichen geistreiche Excurse" unserer Sache nicht fr frderlich. Meine eigenen Gedanken bewegten sich zwischen dem Wunsche, Abgeordnete fr eine energische nationale Politik zu gewinnen, und der Gefahr, den König in seiner vorsichtigen und gewaltsame Mittel scheuenden Veranlagung mitrauisch gegen mich und meine Absichten zu machen. Um dem vermutlichen Eindruck der Presse auf ihn beizeiten entgegen-zuwirken, fuhr ich ihm nach Jterbogk entgegen.
Ich hatte einige Mhe, durch Erkundigungen bei kurz angebundenen Schaffnern des fahrplanmigen Zuges den Wagen zu ermitteln, in dem der König allein in einem gewhnlichen Abteil 1. Klasse sa. Er war in gedrckter Stimmung, und
*) Vgl. Nr. 29. 2. Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Hahn Ludwig Fürst_Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Bismarcks Deutschland Wrttemberg Baden Baden-Baden Deutschland